Dienstag, 26. April 2011

Marrakech

“Magic box“ nennen die Marokkaner die Souks von Marrakech. Ein unüberblickbares Gewirr von Gassen, in denen wir uns ohne unseren sachkundigen Führer zweifelsohne verirren würden. So bemühen wir uns trotz der unzähligen Fotomotive und der Verlockungen, unsere Geldbörse zu erleichtern, nicht den Anschluss zu verlieren.
 

Mitten im quirrligen Leben der Medina bildet die Madersa Ali ben Youssef eine Oase der Ruhe. Der prächtige Innenhof ist ein Juwel maurischer Architektur Im ersten Stock bot diese Koranschule über 900 Studenten Platz, die allerdings in winzigen Zellen untergebracht waren. Das Haus erzählt von einer Zeit, in der das Wissen und die Kultur der orientalischen Welt richtungsweisend waren, auch für die Gelehrten Europas, die hierher kamen, um zu lernen.


Wir haben glücklich aus dem Labyrinth der Souks herausgefunden und stehen nun auf dem Djemaa el Fna, dem „Platz der Gaukler“. Hier tobt das Leben – Einheimische und Besucher kommen hier zusammen, um den Geschichtenerzählern zu lauschen, sich das Schicksal voraussagen zu lassen oder  von den Käuterhändlern das Rezept für einen Zaubertrank zu erhalten. Schlangenbeschwörer, Tänzer und Akrobaten bieten hier Unterhaltung. Wir erstehen alle (ausnahmslos) das Antiagingmittel der Marokkaner – Arganaöl für die ewige Jugend!!!


Der Jardin Majorelle ist ein würdiger Abschluss unserer fantastischen Marokkoreise. Im Bambuswald lässt es sich herrlich flanieren. Bananenstauden lassen das Sonnenlicht durch die breiten Blätter leuchten, Bougainvillea-Arten in Rosa, Orange, Dunkelrot und Weiß und schließlich der stachelige Kakteengarten im gleißenden Sonnenlicht ….



Leuchtende Tage – nicht weinen, weil sie vorüber,
sondern lächeln, dass sie gewesen.

Rabindranath Tagore



Casablanca: Wir stehen vor dem monumentalen Bauwerk der Hassan II Moschee. Die letzten, warmen Sonnenstrahlen werfen rote Lichtakzente auf die geometrischen Linien des Vorplatzes.


"Bismillah" 
Im Namen Gottes


Sonntag, 24. April 2011

Amassine – die Söhne des Lavendel

Heute verladen wir unser Gepäck auf Jeeps und los geht es in Richtung Vulkan. Unser Ziel ist das Berberdorf Amassine hoch oben in der Einsamkeit der Berwelt. Die wellige Hochfläche steigt langsam an, bedeckt von büschelartigem Bewuchs. In der spärlichen Vegetation weiden Schafherden – weiße und schwarze Punkte in der kargen Landschaft, die jetzt im Frühling mit einem Hauch von zartem Grün überzogen ist. Wie eine Mondlandschaft wirken die Hügel. In der Ferne leuchten die weißen Zacken des Jebel Toubkal, der mit seinen 4165 Metern der höchste Berg Nordafrikas ist.



Wir fahren an Safranfeldern vorbei, die Straße verwandelt sich in eine holprige Schotterpiste. Als wir das Bergdorf Amassine erreichen, sind es die Kinder, die uns als erste begrüßen. Zuerst vorsichtig, dann schon mutiger und aufgeregt kichernd begleiten sie uns Fremde zu unserem Haus, in dem wir untergebracht sind.



Alles, was man im Herzen fühlt,
findet im Gesicht seinen Ausdruck.

Shibata Kyúó


Wir sind hier in diese entlegene Berggegend herauf gefahren, weil wir die Teppichproduktion von Amassine kennenlernen wollen. „Die Söhne des Lavendel“ nennt sich ein Projekt, das von unserem Reiseleiter Prof. Wilfried Stanzer ins Leben gerufen wurde und mit viel Einsatz betreut wird. Es gibt heute einem Großteil des Dorfes, besonders den Frauen Arbeit und erhält die traditionelle Teppichkunst der Berber am Leben.  Wir erfahren von den unzähligen Arbeitsschritten, die notwendig sind, um die schönen Wollteppiche in ihren herrlichen Naturfarben zu erzeugen.


Indigo: In der frischen Luft verwandelt sich das Grün rasch in ein zauberhaftes Blau.

Wir genießen die Gastfreundschaft der Leute von Amassine und verbringen eine klirrend kalte Nacht in absoluter Stille unter dem blinkenden Sternenhimmel.
Am nächsten Morgen wandern wir in das Weltenschöpfungstal hinauf zu den Flanken des Vulkans. In dem grünen Hochtal wachsen hier in einer Höhe von 2400 Metern Apfelbäume, die in herrlicher Blüte stehen. Der Talschluss umrahmt in mächtigen, hoch aufgetürmten Felsblöcken den saftigen Wiesenboden, der gerade in unzähligen Pölsterchen zu blühen beginnt. Dohlen jagen durch die Lüfte – ihre übermütigen Schreie klingen wie Pistolenschüsse in der Stille des Tales. Im blitzblauen Himmel kreist ein Adler.


Als wir am Ende unserer Wanderung das Sommerdorf von Amissine erreichen, ist für uns ein leckeres Mittagsmahl auf der Wiese bereitet. Die Dorfleute haben die herrlichen Teppiche herauftransportiert und sie auf den schwarzen Vulkanfelsen und in der grünen Wiese platziert. Stimmungsvoller kann man diese Schönheiten nicht präsentieren!


Jeder hat seinen Lieblingsteppich gefunden!

Donnerstag, 21. April 2011

In der Wüste

Die Wüste
Wie sie uns angekündigt wird:


Geräuschlos – die Stille – nur das Säuseln des Windes, der über die geschwungenen Linien der Dünenberge streicht. In der Stille das gleichmäßige Schlagen des Herzens. Die Aufmerksamkeit richtet sich nach innen.
Die Wüste kennt keine Ecken und Kanten – weiche, sanfte Formen, wie die Rundungen des Körpers einer Frau. Im Sonnenuntergang wechseln die Farben und Stimmungen vom harten, kontrastreichen Licht zu den warmen Tönen im Augenblick der langen Schatten. Wenn die Sonne unter den Horizont gesunken ist, strahlt das Wellenmeer in Pastelltönen.
Kein Geräusch soll die Ruhe stören, kein Klicken von Fotoapparaten, Sprechen ist nicht erlaubt: nur so werden wir die besondere Mystik des Augenblicks erleben - in der Stille die Kraft des Ortes erspüren, den Kosmos der eigenen Seele in der Weite des Kosmos, der uns umgibt.

Die Wüste
Wie wir sie erleben:


Wir haben unsere weiten Tücher um das Haupt geschlungen, ein schmaler Schlitz bleibt frei für die Augen, die hinter Brillen versteckt blinzelnd die fliegenden Sandkörner abwehren. Nach und nach legt sich eine feine Schicht auf jeden Zentimeter unseres Körpers, kleidet die Nasenlöcher aus und knirscht zwischen den Zähnen. Raschen Schrittes folgen wir unserem zügig voranschreitenden Führer, mal auf hartem, körnigem Boden in den Dünentälern, mal im herrlich weichen Sand der Flanken. Die bloßen Füße graben sich voll Genuss in den nachgebenden Untergrund, die Zehen spielen bei jedem Schritt, greifen wie Finger in den Sand, in dem tief unten noch die Wärme des Tages brütet. Die Sonne hat sich herabgesenkt. Keine Spur von Rot am Himmel – eine fahle Scheibe blinzelt durch den Flugsand, der wie dichter Nebel schimmert. Die Dünenberge scheinen sich wie graubraune Wellenkämme heranzuwälzen – das erstarrte Bild eines bewegten Ozeans. Wie Gischt sprüht der feine Sand von den aufgepeitschten Wellenkämmen. Als die Wüste im Grau der Dämmerung ihre Farben verliert, spannt sich der Himmel in metallischem Leuchten über uns. Im ermüdenden auf und ab zwischen den Dünenbergen kämpfen wir lustvoll mit den Elementen. Wir alle spüren aber, wie ehrfurchtsgebietend und lebensfeindlich dieser Naturraum ist.


Zurück im Zeltlager genießen wie die uns dargebotenen traditionellen Speisen: Fastensuppe, Berbereintopf in dem landesüblichen, spitzkegeligen Tongefäß, der Tajine zubereitet, und die aromatischen Zuckermelonen und Orangenscheiben. Da sich der Wind gelegt hat, wagen wir uns vor das Zelt und sammeln uns um ein Lagerfeuer, wo die Berber trommeln und mit uns tanzen.
Ehe wir in unser Zelt schlüpfen, beuteln wir noch den Flugsand aus den Decken. Dann versinken wir in tiefen Schlaf.



Wussten Sie, dass es in der Wüste verdammt schwer ist,
sich aus dem Staub zu machen?


Freundliche Berber bei der Oase von Tenhir
 


Die Dadesschlucht - ein eindrucksvolles Beispiel einer Oasenlandschaft



Ein grünes Band mit einer messerscharfen Trennlinie zu den einengenden orangeroten Felswänden.
Wir wandern durch die smaragdgrüne Flusslandschaft und können uns an der Blumenpracht und den skurrilen Formen der Felsen kaum satt sehen.




Zwei Rosenköniginnen
Im Land der Damaszener-Rose

Ait Benhaddou zählt zu den am besten erhaltenen und fotogensten Ksour in Südmarokko. Zu Fuß lassen sich die kunstvoll verzierten Lehmhäuser der Berber und die Festung gut erkunden. Filmfans werden manche Örtlichkeiten bekannt vorkommen, denn hier wurden mehr als 150 Filme gedreht.

Dienstag, 19. April 2011

Die Königsstädte

Drei Tage voller Eindrücke! Der Orient mit all seiner Farbenpracht stürmt auf unsere Sinne ein!
Rabat – die Hauptstadt - ist die erste der schönen Städte des Landes. Wir stehen im Säulenfeld der nie vollendeten Mosquée Hassan. Im Hintergrund erhebt sich mächtig das Mausoleum von Mohammed dem Fünften, dem Vater des jetzigen Königs.


Henna – die Farbe, die vor dem bösen Blick schützt!
Für die freundlichen Mädchen scheint das Bemalen der Hände aber reine Freude zu sein, Freude an ihrer Jugend und ihrer Schönheit.


In fröhlicher Gesellschaft schmeckt der erfrischende Minzetee besonders gut.

Volubilis


Das ist Leidenschaft!
Monsieur Stanzer in Aktion


Die römische Siedlung liegt in einer fruchtbaren Senke, die jetzt im Frühling in sattem Grün erstrahlt. Heute zerzaust ein stürmischer Wind die Palmwedel und graue Wolken malen einen dramatischen Himmel. Kichererbsen- und Saubohnenfelder wechseln mit dem Gelb des reifen Korns und dem Silbergrau der Olivenhaine - gelbrotes Blumenleuchten zwischen knorrigem Astwerk und wehrhaften Agavenzäunen.


Unterwegs halten wir bei einem Wochenmarkt. Absolut abenteuerlich: Obst, Gemüse, Türkischer Honig, Nüsse, lebende Schnecken im Kübel –  für uns alles bestenfalls zum Bestaunen geeignet. Zwischen den angebotenen Lebensmitteln werden Haare geschnitten,  aus alten Reifen Schuhsohlen gefertigt, Hosen geflickt und etwas abseits auch Tiere geschlachtet. Viel Tierleid am Viehmarkt – die Käufer schnappen die eben erstandenen Schafe an den Hinterbeinen und schieben sie wie eine Scheibtruhe vor sich her zum Ausgang des Marktes.



Fes

Die älteste der Königsstädte Marokkos ist die am besten erhaltene islamische Stadt der arabischen Welt. Von den beiden Medinas ist „Fes el Bali“ Weltkulturerbe. Im Suq zweigt ein Labyrinth aus Sackgassen von der Hauptstraße ab. Sicherlich würden wir uns ohne unseren sachkundigen Führer Monsieur Stanzer aussichtslos verirren!
Die Gassen, zu eng für jeglichen motorisierten Verkehr sind restlos verstopft von Menschen, Eseln und Transportkarren, fast so breit wie die Gassen selbst. „Belek“ – was so viel heißt wie „Bitte“ – tönt es, wenn sich eines der Gefährte nähert. Der fordernde Ton lässt das „Belek“ eher wie ein „Schleich di“ klingen. Alle, Einheimische wie Touristen, machen augenblicklich Platz, denn niemand will blaue Flecken riskieren. 


Wir blicken auf das Viertel der Gerber hinab. Gegen den bestialischen Gestank erhalten wir Pfefferminzkraut als „Gasmaske“. Was die Männer bei ihrer Arbeit leisten müssen, ist unmenschlich. In den Farbtöpfen stehend stampfen sie das Leder und schwenken die Felle hin und her. Über allem brütet die Hitze der afrikanischen Sonne.


Die im 14. Jahrhundert erbaute Madersa Bou Inania von Fes zählt zu den schönsten Koranschulen Marokkos. Kunstvoller Stuck, geschnitze Ornamente aus dunklem Zedernholz und die bunten Muster der Zilij-Kacheln geben Zeugnis von hervorragender Handwerkskunst.


Über den Dächern von Fes